Montag, 15. Mai 2023

Buchtipp

 Ein Glücksgriff aus einem öffentlichen Bücherschrank in der Nähe:

"The western wind" von Samantha Harvey (gibt es auch auf deutsch: "Westwind")


"Oakham in Somerset im 15. Jahrhundert: ein kleines Dorf, das von einem großen Fluss ohne Brücke abgeschnitten ist. Als in den frühen Morgenstunden des Fastnachtssamstags ein Mann vom Fluss mitgerissen wird, muss eine Erklärung gefunden werden: Unfall, Selbstmord oder Mord? Der Dorfpfarrer John Reve ist in seiner Funktion als Beichtvater in viele Geheimnisse eingeweiht. Aber wird er in der Lage sein, herauszufinden, was mit dem Opfer, Thomas Newman, dem wohlhabendsten, fähigsten und fleißigsten Mann des Dorfes, geschehen ist? Und was wird geschehen, wenn er es nicht schafft?"



Man sollte hier keinen Standardthriller / Krimi erwarten; der Tod von Newman gibt den Rahmen vor, aber eigentlich geht es um das Leben des Priesters John Reve aus dem 15. Jahrhundert, seine Gemeinde und seine Beziehung zu ihnen (all die christlichen Predigten, Bräuche, Denkweisen usw. sind auch für aufgeschlossene Nicht-Christen interessant, denke ich - ich bin selbst vor Jahren aus dem christlichen Glauben ausgetreten und fand das alles trotzdem oder gerade deswegen sehr interessant).

Die Geschichte besteht aus 4 Tagen (jeder Tag mehrere Kapitel) und diese werden rückwärts erzählt, was 1. etwas ganz anderes ist und 2. kann ich mir das Buch gar nicht anders vorstellen: All die "Kleinigkeiten", scheinbaren Belanglosigkeiten, bei denen man in den vergangenen Tagen herausfindet, warum etwas so ist, wie es ist, dann allerlei kleine "Aha-Erlebnisse" hat und zunächst unzusammenhängende Dinge plötzlich einen Zusammenhang ergeben, das Geheimnis um Newmans Tod erst nach und nach im Nachhinein gelüftet wird und einen dann umso mehr berührt ... Ich glaube nicht, dass eine Geschichte, die von "Anfang bis Ende" erzählt wird, es geschafft hätte, mich so in die Geschichte eintauchen zu lassen und im Herzen mit der kleinen Gemeinde Oakham zu sein.

Ein wunderbares (wenn auch trauriges, aber zwischendurch auch humorvolles) Kunstwerk, das dazu anregt, in sich selbst zu gehen.

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